|
Unscheinbares Teil, große Wirkung
„Bamberger Rolle” zum weltweit ersten Mal
live im Konzertsaal
Die sogenannte „Bamberger Rolle“, eine revolutionäre
Neuerung im Klavierbau, feiert am Sonntag, 14.Juli, und am
Freitag, 19.Juli 2002, jeweils um 20.00 Uhr, ihre konzertante
Weltpremiere. Orte des Geschehens: Die Konzerthalle des J.-Keilberth-Saals
in Bamberg und der kleine Saal der Nürnberger Meistersingerhalle.
Den mit der neuartigen Klaviermechanik ausgestatteten Steingraeber-Flügel
spielen wird die Bamberger Pianistin Susanne Strauss, 1998
Preisträgerin in der Kategorie „Klavier Solo“
beim Wettbewerb der Nürnberger Nachrichten. Begleitet
wird sie dabei vom Bamberger Kammerorchester unter Leitung
von Harald Orlovsky.
Nürnberg, 09.07.2002 – Manchmal verbeißt
sich der Teufel derart heftig im Detail, dass alle, die ihn
vertreiben wollen, dabei ihr Gebiss verlieren, und sonst gar
nichts. Die Folge ist Stillstand. Im allgemeinen behilft man
sich irgendwann mit der Einsicht, dass gewisse Probleme einfach
nicht zu ändern sind. Der Mangel wird zum Standard.
Auch im Klavierbau ging man über 150 Jahre lang davon
aus, dass die Anschlagsmechanik im wesentlichen nicht mehr
zu verbessern sei. Obwohl gerade fortgeschrittene Spieler
während dieser ganzen Zeit nicht müde wurden, einen
grundsätzlichen Mangel zu beklagen: Großes Klangvolumen
auf der einen und ausgeprägtes Differenzierungspotenzial
gepaart mit möglichst leichter Bespielbarkeit auf der
anderen Seite galt als unüberbrückbarer Gegensatz.
Den Griff in die Trickkiste konnten sich nur Ausnahmeerscheinungen
wie Vladimir Horowitz oder Glenn Gould erlauben: Sie spielten
nur auf alten Flügeln, deren ausgeleierte Mechanik ihrer
Fingerkraft nichts mehr entgegenzusetzen hatte. Die extreme
Einbuße dieser Instrumente in Sachen Klangdifferenzierung
konnten sie nur dank ihrer „überirdischen“
Virtuosität kompensieren.
Josef Meingast, mittlerweile im Ruhestand befindlicher Werkstattchef
bei der ehemaligen Klavier- und jetzigen Cembalomanufaktur
J. C. Neupert in Bamberg, hat den berühmten Teufel im
Detail entdeckt, und damit eine kleine Sensation ausgelöst.
Das Jahrhundertproblem des Klavierbaus kann Experten zu Folge
getrost zu den Akten gelegt werden.
Die kürzlich patentierte Erfindung des Unruheständlers
heißt „Bamberger Rolle“ und ist so einfach
wie bahnbrechend: Sie macht aus der „Hammerrolle“
eine wirkliche Rolle. Die sogenannte Hammerrolle ist ein kleines,
aber essentielles Teil der Mechanik eines Konzertflügels,
das per Gleitkontakt die Verbindung zu wichtigen Elementen
der Auslösemechanik, der Stoßzunge und dem Repetierschenkel,
herstellt. Bisher war die Hammerrolle eine Mogelpackung. Sie
war zwar rund geformt, drehte sich aber nicht. Genau dieses
winzige Detail hat Meingast nun geändert. Die „Bamberger
Rolle“ ist drehbar gelagert und reduziert damit den
Reibungswiderstand erheblich. Für PianistInnen schlägt
sich die Änderung dieses winzigen Details in einem um
20 bis 25 Prozent geringerem Kraftaufwand beim Herunterdrücken
einer Taste nieder. Die Folgen für die künstlerische
Praxis sind laut Meingasts ehemaligem Firmenchef, Wolf Dieter
Neupert, „eine erhöhte Anschlagsicherheit, erweiterte
Möglichkeiten der Klangdifferenzierung vor allem im Pianissimo
und ein schnelleres Spiel ohne klangliche Einbußen“.
Setzt sich die Erfindung Meingasts durch, steht der konzertanten
Klavierwelt eine neue Dimension musikalischer Ausdrucksmöglichkeiten
ins Haus.
Die Chancen, dass sich die Bamberger Rolle auf Dauer etabliert,
stehen nicht schlecht. Unmittelbar, nachdem Meingasts Entwicklung
Deutsches Patent wurde, nahm sich die renommierte Bayreuther
Klavierfabrik Steingraeber & Söhne der Neuerung an.
Während der diesjährigen Frankfurter Musikmesse
präsentierte die Firma erstmals einen ihrer Flügel
mit eingebauter Bamberger Rolle vor dem versammelten Fachpublikum.
zurück
|