zurück
 

Der Gaumen als fliegender Teppich

Impressionen einer kulinarischen Reise

Nürnberg, 26.02.2000 – Einer der typischen nasskalten Abende in Frankens Metropole. Frühling, Sommer, Sonne sind dem bibbernden Städter in Nürnberg wie in ganz Europa so fern wie Pinguine den staubigen Pisten der Sahara. Wer nicht gerade Zeit und Geld hat, sich in irgendein exotisches Land abzusetzen, sieht sich bis auf weiteres der spätwinterlichen Tristesse ausgeliefert. Doch halt! Es gibt eine Alternative! Melise Schaffner, findige Inhaberin der neuen Vinothek weinrot und ebenso passionierte wie kompetente Italien-Kennerin, lässt den Gaumen zum Reisemittel in den mediterranen Sommer werden. Am Donnerstag, 24. Februar, wurden im Restaurant Goldener Reiter (Austraße 102, Nürnberg) 35 Gäste auf eine Reise durch Jahreszeit und Raum entführt. Ziel war diesmal die Toskana, Reiseleiter der bekannte Weinjournalist Werner Schwab.

Zwischenstopp oder: Prosecco di Valdobbiadene

Dass man auch im winterlichen Italien noch den Sommer spüren kann, während hierzulande Glühwein und Spekulatius ihren Zauber längst verloren haben, wurde schon beim Zwischenstopp in Venetien deutlich. Der Prosecco vom Weingut Le Colture der Gebrüder Ruggeri war vom allerfeinsten: Leicht duftendes, fruchtiges Bukett, anhaltender Geschmack mit langem Abgang - kurz, ein absoluter Spitzen-Prosecco, der die Gäste dazu verführte, sich – wie von Werner Schwab empfohlen – viel Zeit für dieses „Tischgebet des Gourmets“ zu nehmen.

Ankunft in der Toskana oder: Acquacotta

In der Toskana empfangen wurden die Gäste mit Acquacotta, einer köstlichen Pilzsuppe mit Brot. Dazu wurden zwei Weine kredenzt, ein Casa alle Vacche Vernaccia di san Gimigiano von 1998 sowie ein Chianti Classico von 1997 aus Villa Maisano, die nicht nur von Werner Schwab als hervorragende Weine beurteilt wurden. Überhaupt wusste der Weinexperte das Publikum mit allerlei Wissenswertem zu den Themen „Wein“ und „Genießen“ nicht nur zu informieren, sondern auch – was für den Genuss letztendlich viel wichtiger ist – zu unterhalten und einzustimmen. So entspannten sich zunehmend die Gemüter und ließen sich von ihren Geschmacksnerven in eine der zauberhaftesten Regionen Italiens entführen.

Im Pinienduft zu Tisch bei Fleisch oder Fisch

Die Mitte und zugleich den Höhepunkt des Abends bildete der Hauptgang – wahlweise Pollo alla cacciatora (Huhn mit Kapern und Oliven) oder Trotte affogate (Kräuterforelle in Weißwein). Angeregte Gespräche füllten den Raum und ließen jene Art Stimmung entstehen, wie sie sonst nur an den ersten warmen Frühlingstagen spürbar wird, wenn die Seele endlich im langersehnten Sonnenlicht baumelt. Beste Voraussetzungen also, zwei absolute Spitzenweine wirklich zu genießen. Der 98er Vernaccia CROCUS und insbesondere der Brucciagna Jahrgang 1996 erfüllen höchste Ansprüche. Letzterer, rubinrot, mit wundervoller Fruchtaromatik und vollem, samtigem Geschmack ist sicherlich der Wein, den sich ausnahmslos alle Teilnehmer auf der liebevoll gestalteten Menue-Karte dick angestrichen haben, um ihn bei nächster Gelegenheit in der Vinothek weinrot zu erstehen.

Sanfter Ausklang oder: Biscotti di Prato

Frisch gebackene Mandelschnitten bildeten zusammen mit einem oder mehreren Gläschen Villa Maisano Vin Santo den harmonischen Ausklang eines gelungenen Abends. Wer der Empfehlung von Werner Schwab folgte und die Biscotti di Prato in den delikaten Dessertwein tunkte, bevor er sie langsam auf der Zunge zergehen ließ, konnte ein Hochgefühl in sich aufsteigen fühlen, das der tiefen Zufriedenheit beim Anblick eines Sonnenuntergangs bei Meeresrauschen zum Verwechseln ähnelt.

Nichts war so schwer an diesem Abend, wie sich mit dessen Ende anzufreunden, das viele bis zur Sperrstunde hinauszögerten, um noch ein wenig von der Lebensart zu spüren, die hierzulande – bedauerlicherweise – so selten anzutreffen ist. Kulinarische Reisen mit Melise Schaffner jedenfalls sind für den Liebhaber mediterranen Lebensgefühls eine absolute Empfehlung.

zurück